Eine Straßenbahnlinie verbindet: Seit einem Jahrzehnt fährt die 4 nach Lilienthal

15-08-2024

(Lilienthal/Bremen.) Wo Bremen endet und Lilienthal beginnt, überquert die Straßenbahnlinie 4 eine Ländergrenze. Fast auf den Tag genau vor einem Jahrzehnt, am 1. August 2014, wurde die rund 5,5 Kilometer lange Verlängerung von der Wendeschleife im Stadtteil Borgfeld bis zum Falkenberger Kreuz offiziell eröffnet. Rund drei Jahre nach dem ersten Spatenstich waren damit die Bundesländer Bremen und Niedersachsen durch eine Straßenbahnstrecke miteinander verbunden. Den zehnjährigen Geburtstag feiern wir gemeinsam mit den Lilienthalerinnen und Lilienthalern auf dem Herbstfest des Wirtschaftsinteressenrings (WIR) am 15. September. An diesem Nachmittag bietet der Verein Freunde der Bremer Straßenbahn (FdBS) zwischen dem Bremer Hauptbahnhof und Lilienthal anlässlich des Herbstfestes Fahrten mit historischen Straßenbahnen an.

Grundsätzlich neu ist die Verbindung zwischen Bremen und Lilienthal nicht: Seit den 1920er-Jahren fuhren hier Linienbusse, zwischenzeitlich als Linie 30 sogar vom Falkenberger Kreuz – der heutigen Haltestelle Falkenberg – bis zum Bremer Hauptbahnhof und in die Bremer Innenstadt. Das änderte sich mit dem Ausbau der Linie 4 auf Bremer Stadtgebiet. Deren erster Bauabschnitt endete zunächst 1998 in Horn-Lehe und vier Jahre später in Borgfeld. Zeitgleich damit wurde die Buslinie eingekürzt. Weitere vier Jahre später wurde dann der Vertrag für den Ausbau nach Lilienthal unterzeichnet – und im Mai 2011 starteten die dreijährigen Bauarbeiten.

VIER MAL PRO STUNDE NACH FALKENBERG
Alle 15 Minuten fährt die Straßenbahn heute in der Hauptverkehrszeit vom Stadtteil Arsten über die Bremer Innenstadt und den Hauptbahnhof durch Schwachhausen, Horn-Lehe und Borgfeld nach Lilienthal und weiter bis zum ehemaligen Falkenberger Kreuz – und zurück. Für Pendlerinnen und Pendler ist die Strecke nicht nur wegen der Schnellverbindung 4S attraktiv, die zu Arbeitsbeginn und am Feierabend in nur 37 Minuten ab Falkenberg den Bremer Haupt-bahnhof erreicht. Pluspunkte sind auch, dass die Fahrgäste nicht mehr umsteigen müssen und praktisch staufrei unterwegs sind. 

DURCHSCHNITTLICH MEHR ALS 5200 FAHRGÄSTE AM TAG
Mit dem Beschluss, dass die Linie 4 bis nach Lilienthal erweitert werden soll, wurde der Erfolg der Linie an eine tägliche Fahrgastzahl von 4.800 Personen geknüpft. Dies wurde das erste Mal 2019 erreicht. Aktuelle Fahrgastzahlen bestätigen die Attraktivität der Verbindung. Grundsätzlich haben sich die Zahlen nach der Covid-19-Pandemie nun wieder soweit erholt, dass die Zahlen von 2019 erreicht oder übertroffen werden. So lag die Anzahl der ein- und aussteigenden Fahrgäste in Lilienthal von Januar bis Mai 2024 bei täglich durchschnittlich 5.200 – und damit rund 900 Fahrgäste über dem Vergleichs-zeitraum im Vorjahr. Etwas mehr als zwei Drittel aller Fahrten gehen über die Landesgrenze. Rund ein Drittel der Fahrten finden demgegenüber innerhalb Lilienthals statt. Im Jahr 2015 lag dieser Wert noch unter 20 Prozent.

Vom Start der bequemen, umsteigefreien und klimafreundlichen Verbindung 
über die Landesgrenze hinweg profitieren heute nicht nur die mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner in Lilienthal. Mit dem Ausbau des Straßenbahn-netzes wurde zudem ein neues Drehkreuz zwischen dem Netz der BSAG und 
den zahlreichen Regionalbuslinien des Lilienthaler Umlands geschaffen.

»ENTLASTUNG FÜR MENSCHEN UND STRASSEN«
»Mit der Straßenbahnlinie 4 reduzieren wir den Verkehr und zugleich die Abhängigkeit vom Pkw, verringern die CO2-Emissionen und entlasten damit die Straßen sowie die Bürgerinnen und Bürger von Lilienthal«, sagt auch Bürger-meister Kim Fürwentsches. »Die Linie 4 hat dabei deutlich zur Attraktivität Lilienthals beigetragen. Nicht zu vergessen ist, dass die Kombination aus Straßenbahn und Buslinien 630 und 670 es möglich gemacht haben, auch Gewerbegebiete sowie Wohngebiete hervorragend an den ÖPNV anzubinden. Kurz gesagt lässt sich bilanzieren: Investitionen in den ÖPNV sind Investitionen 
in unsere Zukunft.«


»BEISPIELHAFT FÜR ZUKUNFTSORIENTIERTE MOBILITÄT«
»Der Ausbau der Straßenbahnlinie 4 nach Lilienthal ist beispielhaft für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Mobilität. Sie verbindet die Region und 
bietet den Menschen eine schnelle, bequeme und vor allem umweltfreundliche Alternative zum Auto«, betont BSAG-Vorständin Claudia Wiest. »Mit dem attraktiven 15-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit und der praktisch stau-freien Verbindung ist die 4 ein zuverlässiges und pünktliches Transportmittel, das den Menschen mehr Flexibilität im Alltag bietet.« 


INFRASTRUKTUR ENTLANG DER STRECKE GESTÄRKT
Beim Bau der Linie 4 wurden aber nicht nur rund 5,5 Kilometer Gleis verlegt. 
Zehn neuen Haltestellen sind entstanden und in Falkenberg stehen seitdem neben einem Park-and-Ride-Platz auch 100 Bike-and-Ride-Stellplätze für Fahrräder zur Verfügung. 

Realisiert wurde der Bau durch die Wirtschaftsbetriebe Lilienthal GmbH (WBL), der Tochtergesellschaft der Gemeinde Lilienthal. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf 70,7 Millionen Euro netto. Hier inbegriffen sind Gleise, die Verlegung von Kanälen und Versorgungsleistungen, den Bau der Nebenanlagen und vieles mehr. Finanziert wurde die Maßnahme von verschiedenen Fördermittelgebern. Die zwei größten Anteile übernahmen der Bund mit 23,8 Millionen Euro und das Land Niedersachsen mit 23 Millionen Euro. Den Rest teilen sich die Gemeinde Lilienthal mit 13,7 Millionen Euro, die Freie Hansestadt Bremen mit 5,7 Millionen Euro, der Zweckverband Verkehrsbund Bremen/Niedersachsen (ZVBN) mit 900.000 Euro sowie verschiedene Versorger (Leitungen für Gas, Wasser und Strom sowie Kanalsysteme und Straßenbeleuchtung) mit insgesamt 3,6 Millionen Euro.

DIE GESCHICHTE DER LINIE 4 IN LILIENTHAL
Im Mai 1992 gab die Gemeinde Lilienthal mit dem sogenannten Doppelbeschluss den formellen Startschuss für den Bau einer Entlastungsstraße und der Verlängerung der Straßenbahn. Im April 1994 unterzeichneten Vertreter der BSAG und der Gemeinde Lilienthal passend in einem Straßenbahnwagen einen Vertrag über die Durchführung konkreter Planungen zur Weiterführung der neuen Linie 4 über Bremen-Borgfeld und die bremische Landesgrenze hinaus bis nach Lilienthal. Es sollten jedoch noch zwei Jahrzehnte vergehen, bis die erste Straßenbahn tatsächlich durch Lilienthal rollte. 

Der Grund für die Verzögerung waren Meinungsänderungen in den politischen Gremien der Gemeinde Ende der 1990er-Jahre. Die Straßenbahnplanungen wurden zunächst gestrichen. Dabei haben die Erfahrungen mit der Verlängerung der Linie 4 im Jahr 1998 bis zur Horner Mühle und 2002 bis nach Borgfeld gezeigt, dass das zur damaligen Zeit oft beschworene Verkehrschaos auf der Lilienthaler Heerstraße in Bremen – im Volksmund »Langer Jammer« genannt – ausgeblieben war. Im Gegenteil: Die Zufriedenheit im Stadtteil mit der Anbindung an die Innenstadt wuchs stetig. 

Eine Bürgerbefragung in der Gemeinde Lilienthal vom 11. bis 25. Juni 2004 brachte dann ein deutliches Votum: Rund 63 Prozent der Menschen stimmten für den Ausbau der Linie 4 – bei einer Beteiligung von fast 56 Prozent der Bevölkerung. Die Planungen wurden danach wiederaufgenommen und fortgesetzt. 

Am 6. Mai 2011 erfolgte am sogenannten Spitzen Kiel im Lilienthaler Ortszentrum der erste Spatenstich. Rund ein Jahr später, in der Nacht vom 14. auf den 15. Mai 2012, wurden in der Hauptstraße zwischen Trupe und der Tornéestraße die ersten Gleise verlegt. Um den Bauablauf im Lilienthaler Ortszentrum zu beschleunigen, wurde während der Sommerferien 2012 der Straßen- und Gleisbau als eine Art Powerbaustelle durchgeführt. Am 10. Dezember 2013 erreichte die Gemeinde mit der Wiedereröffnung des Lilienthaler Zentrums für den Verkehr in beide Richtungen einen Meilenstein zur Normalisierung des Alltags im Ortsmittelpunkt. 

Mitte des Jahres 2014 folgten die ersten Probefahrten der Straßenbahn durch den Ort und am 1. August 2014 die feierliche Eröffnung an der Endhaltestelle am Falkenberger Kreuz. 

Pressemitteilung

Bild: Gemeinde Lilienthal
(v.l.) Manfred Lütjen (ehem. Geschäftsführer Wirtschaftsbetriebe Lilienthal), Claudia Wiest (Kaufmännische Vorständin BSAG), Tanja Stellmacher (Geschäftsführerin Wirtschaftsbetriebe Lilienthal), Kim Fürwentsches (Bürgermeister) und Willy Hollatz (ehem. Bürgermeister) feiern das 10-jährige Jubiläum der Linie 4.

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Gemeinde Lilienthal

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28865 Lilienthal